Konrad Lachmayer veröffentlichte in Kooperation mit der Arbeiterkammer Wien eine Forschungsstudie zum Thema:
„REGULATIE – Regulierungsbehörden: Analyse der demokratierechtlichen Rahmenbedingungen“
Ausgangspunkt der Forschungsstudie
Regulierungsbehörden lassen sich nicht in traditionelles Organisationsrecht iS der österreichischen Verfassung einbetten und sind durch spezifische Merkmale charakterisiert. Dazu zählt die Form ihrer Unabhängigkeit vom Staat, oftmals verbunden mit Ausgliederung aus dem staatlichen Organisationsgefüge, die Aufteilung in unterschiedliche Organe etwa in eine monokratisch-exekutive Behörde und eine kollegiale-gerichtsähnliche Behörde, die Ausstattung mit starken rechtlichen Kompetenzen (bis hin zur Erlassung von Verordnungen) und schließlich die Gewährung besonderer Freiräume vom Legalitätsprinzip, etwa in Form von Ermessenspielräumen.
Der rechtliche Grund für diese Konzeption der Regulierungsbehörden außerhalb des verfassungsrechtlichen Organisationsgefüges ist im Recht der Europäischen Union zu finden, wobei (immer weniger) Spielräume zur innerstaatlichen Ausgestaltung bestehen. Die Regulierungsbehörden nehmen derzeit eine funktionelle Zwitterstellung zwischen österreichischer Institution und europäischem Organ ein. Sie weisen bereits signifikante Merkmale einer EU-Agentur auf. Die europarechtliche Notwendigkeit der Unabhängigkeit von Regulierungsbehörden bezieht sich auf die Markteilnehmer und ist insoweit auch ernst zu nehmen. Die zunehmend geforderte Unabhängigkeit vom Staat, sei es von der Gesetzgebung, der Verwaltung, ja sogar von richterlicher Kontrolle, verringert jedoch die Möglichkeiten demokratischer Kontrolle.
Daraus entsteht das Problem, dass das Verwaltungshandeln dieser Behörden nur mehr zum Teil in das traditionelle Konzept der demokratischen Legitimation von Verwaltung im österreichischen Sinne eingebettet werden kann. Allein der Sachverstand der Regulierungsbehörden reicht als Quelle für eine demokratische (und eben nicht technokratische) Legitimation und Kontrolle jedenfalls nicht aus.
Schlussfolgerungen
Regulierungsbehörden sind eine Rechtsfigur des EU-Rechts. Sie entwickeln sich zunehmend aus dem in Österreich bestehenden Verwaltungskonzept hinaus. Eine Differenzierung zwischen Staat und Privat wird immer schwieriger; es bestehen Regulierungs-GmbHs im Staatseigentum ebenso wie öffentlich-rechtliche Regulierungs- Anstalten, die mit Vorstand und Aufsichtsrat ausgestattet sind.
Die Aufgaben der Regulierungsbehörden reichen jenseits der Gewaltenteilung von Rechtssetzung (Mitwirken an Gesetzentwürfen; Verordnungsrechte) über die Verwaltungsführung bis hin zur Rechtsprechung. Eine adäquate Einordnung in die Staatsfunktion „Verwaltung“ ist daher nicht mehr möglich. Sie lassen sich somit nicht mehr den Formen der Gewaltenteilung einer Staatsgewalt zuordnen, sondern sind als gewaltenverbindende Organisation iS des EU-Rechts zu verstehen. Schließlich sind Regulierungsbehörden zunehmend staatlich entkoppelt und an europäische Institutionen angebunden.
Eine besondere Auffälligkeit bei Analyse der demokratischen Legitimation und Kontrolle im Regulierungsrecht ist die sektorspezifische Vorgehensweise bzw. der Mangel an einem einheitlichen Standard. Die formelle Verfassungswidrigkeit einzelner Organe wird durch Bestimmungen im Verfassungsrang „geheilt“. Dies bringt jedoch eine verfassungsrechtlich bedenkliche Einschränkung der Kontrollkompetenz des VfGH mit sich.